KÖLNER KULTUR-STORY
für die Kulturszene? Das Gerichtsurteil zum Theaterbetrieb in der Volksbühne am Rudolfplatz
Die Nachricht hat die Kölner
Kulturszene zutiefst erschüttert:
Ein Nachbar der Volksbühne
38 Kölner 07/22
am Rudolfplatz hat
gegen den traditionsreichen
Theaterbetrieb geklagt und
in erster Instanz gewonnen.
Der Kläger empfand das musikalische
Programm als unzumutbare
Lärmbelästigung.
Das Urteil betrifft nicht nur das
Musical „Himmel und Kölle“.
Auch weitere Veranstaltungsorte
in Köln sind alarmiert. Viele
Leute, die in jungen Jahren in
die Großstadt ziehen und das
kulturelle Angebot voll nutzen,
wollen, wenn sie älter werden,
ihre Ruhe haben. Wenn diese
gegen Lärm klagen, könnte dies
in Kombination mit Gerichtsurteilen
für die Event-Stadt
Köln zum Problem werden. Da
steht Stadtleben gegen AnwohGefahr
gewonnen und ist als „Kulturereignis
des Jahres 2021“ mit
dem Kölner Kulturpreis ausgezeichnet
worden. „Das Urteil
trifft uns hart. Zuletzt erfuhren
wir, wie systemrelevant Kultureinrichtungen
für unsere Gesellschaft
sind. Und nun das.“
sagt, Axel Molinski, Geschäftsführer
der Volksbühne am Rudolfplatz.
Die Volksbühne erklärt:
„Die Stadt Köln hat nach
der Renovierung des Millowitsch
Theaters eine Baugenehmigung
erteilt.“ Man habe
große Summen in Schallschutzmaßnahmen
investiert, Messungen
durchgeführt und das
Ende jeder Veranstaltung auf 22
Uhr gesetzt. Dabei sei wie üblich
die „TA Lärm“ als Maßstab
zu Grunde gelegt worden. Das
Gericht habe nun überraschend
die Immissionen nach der „Freizeitlärmrichtlinie“
beurteilt. „Es
kann nicht sein, dass ein Nachbar
angrenzend an den Theatersaal
eine gewerbliche Fläche
kauft, zum Innenstadtloft umbaut
und nun mit juristischen
Mitteln versucht, ein Traditionstheater
zu verbieten. Wir
sind in Berufung gegangen.“
Wichtig kann nun sein, dass das
Musical eher dem Theater, als
der Musik zugeordnet wird, weil
in der deutschen Unterscheidung
zwischen U- und E-Musik
das Theater für unterstützenswerter
gehalten wird und dies
bei solchen Gerichtsurteilen
zugunsten der Kulturstätte
greifen könnte. Die Stadtverwaltung
gibt folgende Stellungnahme:
„Die Stadtverwaltung
hat im Rahmen der jeweiligen
Genehmigungsverfahren versucht,
durch die Erteilung der
jeweiligen Baugenehmigungen
eine Befriedung innerhalb der
Nachbarschaft herbeizuführen.“
Zudem sei ein gerichtlich geführtes
Mediationsverfahren
vorgeschlagen worden, um zu
erörtern, wie ein nachbarschaftliches
Miteinander möglich
ist, das beide Nutzungen
nebeneinander ermöglicht. Leider
sei dieses nicht zu einem
erfolgreichen Abschluss gelangt.
Dennoch setze die Stadtverwaltung
ihre Bemühungen
für eine gütliche Einigung fort.
nerschutz. „Als ehemaliges
Millowitsch-Theater
ist die
Volksbühne eine Institution.
Dass jetzt an diesem schönen
Ort auf der Aachener Straße,
dieser pulsierenden Meile mit
Theatern, Bars und Restaurants,
künftig keine Musik
mehr möglich
sein könnte, ist ein Schock“,
meint der Musical-Produzent
Frank Blase. Das gefährde das
Engagement der eingebundenen
Produktionsfirma
Apiro
Entertainment. Nach gerade
erst überstandener Pandemie
umso bitterer.
Kultur in Gefahr
„Himmel und Kölle“ hatten die
Grimmepreisträger Dietmar
Jacobs
und Moritz Netenjakob
für ihre Heimatstadt geschrieben.
Das Musical hat in vier
Kategorien
beim Deutschen
Musical Theater Preis 2020/21
Foto: Roland Breitschuh Foto: Roland Breitschuh
Eingangsbereich der Volksbühne am Rudolfplatz
Axel Molinski, Programmplanung
Volksbühne am Rudolfplatz
Foto: Digitalfotografie Fischer
Die Bühne des Theaters
Blick in den Zuschauerraum
Foto: Ekkehard Florin