gebenheiten anpassen. Jetzt, wo ich wieder auf
normaler „Höhe“ trainiere, merke ich, dass ich
deutlich fitter geworden bin.
Ihr habt auch gemeinsam mit anderen Nationen
trainiert. Welche Erfahrungen
konntest du sammeln?
Wir haben mit hochklassigen Staffeln wie den
USA, China oder Aserbaidschan trainiert, Partnerübungen
und Sparring absolviert. Es ist interessant
zu beobachten, welche verschiedenen Trainingsmethoden
und Boxstile es in der Welt gibt
– die Chinesen etwa kämpfen sehr technisch, die
Amerikaner wiederum sehr explosiv. Ich versuche
stets, mir von meinem Gegenüber etwas abzugucken,
ebenso ein paar Tricks. Die Amerikaner
etwa fighten äußerst „dreckig“ im Clinch und
üben das auch gezielt. Insgesamt hat uns der
Aufenthalt in den USA sehr viel gebracht, ein
echter Fortschritt. Außerdem hat uns die gemeinsame
Zeit dort im Sinne des Teambuildings zusammengeschweißt.
Wie würdest du deinen eigenen Boxstil beschreiben?
Ich bin ja recht groß und boxe am liebsten aus der
Distanz. Ich versuche dabei, die Gegner auszuboxen,
sie zu Fehlern zu verleiten und diese dann
für mich zu nutzen.
Dass es nicht immer nur vorwärts- -gehen
kann, zeigte sich vor einigen Monaten bei
der WM in Istanbul, als du gegen die Argentinierin
Lucia -Noelia Perez in der Vorrunde
ausgeschieden bist. Woran lag es?
Im Sport zählen Leistung und harte Arbeit, aber
auch Glück ist ein kleiner Faktor – und bei der
Frauen-WM hatte es unsere Staffel leider verlassen.
Ich war schon in diesem Kampf nicht fit und
bin kurz danach erkrankt. Auch das 0:5-Urteil der
Kampfrichter kann ich nicht ganz nachvollziehen,
schon nach der ersten Runde war ich überrascht
von deren Wertung. Insofern waren wir am Ende
alle enttäuscht.
Dafür hast du zuletzt andere Titel gewonnen,
sowohl dieses als auch im letzten Jahr
Gold bei den U22-Europameisterschaften
geholt.
Zuvor hatte ich zwei Mal Silber gewonnen, das
waren sehr knappe und ärgerliche Finals für mich.
Ich wusste, irgendwann muss es klappen. Dann
war der Bann bei den Titelkämpfen 2021 in Italien
gebrochen. Ich war superglücklich, wie auch
über den erneuten EM-Gewinn in diesem Jahr. Für
mich zählt im Boxen nur der erste Platz, das ist
immer mein Ziel.
Wo siehst du deine boxerischen Stärken?
Mich selbst zu loben fällt mir schwer. Aber
grundsätzlich bin ich im Ring sehr anpassungsfähig
und suche immer nach einem Weg, um zu
gewinnen. Egal, wie die Lage im Kampf gerade
ist. Dies gelingt mir mit taktischen Mitteln, aber
auch dank meiner Willenskraft.
Und deine Schwächen, an denen du arbeitest?
Mit fehlt aufgrund meines Alters Erfahrung.
Um mehr davon zu sammlen, helfen mir auch
unsere Trainingslager im Ausland. Das nächste
steht nun in Sheffield an, wo Nationen wie
England und China dabei sind und wir ebenfalls
Sparring bestreiten.
Wie sieht dein weiterer Fahrplan aus?
Anfang November steht der Cologne Boxing
World Cup in Köln an, Anfang Dezember die Deutschen
Meisterschaften in Rostock. Im nächsten
Jahr möchte ich mich in Krakau (Europaspiele; d.
Red.) für die Olympischen Spiele 2024 qualifizieren
– und bis dahin so viele Medaillen wie möglich
mitnehmen.
Welche Quali-Möglichkeiten gibt es für
dich?
Es gibt insgesamt drei Qualifikationsturniere.
Das erste findet 2023, wie erwähnt, auf europäischer
Ebene statt. Darüber hinaus werden
im Olympia-Jahr noch zwei weitere Turniere auf
Weltebene stattfinden.
Kölns Ausnahmeboxerin präsentiert mit Stolz
ihren EM-Pokal. Neben ihr stehen Serge von Berge
(links, Vater und Trainer) und Eddie Bolger (rechts,
Cheftrainer)
Steffi von Berge trainert
unter der Woche zwei Mal
täglich, samstags folgt
einen weitere Einheit