
Patchwork statt Classic
Wenn die Familie vielfältiger wird
Bundesministerium für Familien – ca.11 % der
Monitor Familien in
Deutschland sind
FPatchworkfamilien
amilienforschung
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rheinkind-september-oktober-november-2022
MITEINANDER
September, Oktober, November 2022 ZUM MITNEHMEN
Aktuelles für Eltern und Kinder aus den Veedeln
Patchwork
statt Classic
Heldinnen & Helden
der Kinder
Frank Schätzing
im Interview
Miteinander
Zusammenleben im Wandel
SPORT, KUNST, MUSIK: MEHRERE HUNDERT KURSE UND VERANSTALTUNGEN FÜR ELTERN UND KINDER
ALLEIN 2021 WURDEN in Deutschland etwa 145.000 Ehen geschieden, die Hälfte
davon hatte minderjährige Kinder. Wenn Mütter und Väter dann wieder einen
neuen Lebenspartner finden, spricht man von »Patchwork«, wie beim
namensgebenden bunten Flickenteppich. Etwa 11 Prozent der deutschen
Familien leben heute als Patchwork-Familie zusammen, Tendenz steigend.
Was bunt und lustig klingt, ist häufig eine besonders große Herausforderung.
Vieles ist neu: ein:e neue Partner:in für das Elternteil, damit auch eine neue
Erziehungsperson, oft neue Geschwister und ein neuer Freundeskreis,
vielleicht sogar eine neue Umgebung – und wenn beide Elternteile
sich neu aufgestellt haben, gilt das zweifach. Bisher eingeübte Familienrituale
müssen neu definiert, die unterschiedlichen Beziehungsebenen neu
aufgebaut oder angepasst werden. Für all dies gibt es keine Patentlösungen, weil jede
Patchwork-Familie einzigartig ist. Allen gemein sein sollte: Am Anfang nicht zu große
Erwartungen an das neue Familienkonstrukt herantragen, viel Geduld mitbringen und
eine o ene Kommunikation p egen.
Neue Erfahrungen und Ideen
Wenn Eltern sich trennen, ist für die meisten Kinder erst einmal trauern angesagt. Oft
denken Kinder, sie seien selbst Schuld an der Trennung, diese Schuldgefühle werden
dann nur allzu häu g auf die neuen Lebenspartner übertragen, denen Wut, Zorn und
Eifersucht entgegenschlagen, kein guter Start. Gegenüber der »Ersatzmama« und
dem »Ersatzpapa« gibt es Loyalitätskon ikte, denen diese mit viel Fingerspitzengefühl
entgegenwirken sollten. Wenn nun beide neuen Partner Kinder mit in die neue
Familie bringen, verändern sich Beziehungsebenen. Die Neuen in der Familie bringen
andere Erfahrungen mit und vielleicht auch andere Ideen, wie man gut zusammen
lebt oder Kon ikte löst – und für die anderen ist man selbst ja ganz genauso neu. Das
ist nicht die klassische Familie, von der man häu g in Bilderbüchern liest. Das »traditionelle
Modell« ist jedoch weder falsch noch überholt, es ist lediglich nicht mehr
das einzige.
Erste Regel: Nichts überstürzen und sich Zeit lassen, sich aneinander zu gewöhnen.
Wichtig sind jetzt: offene Kommunikation über Ängste und Befürchtungen
der Kinder und jedem einzelnen das Gefühl geben, dass es ernst
genommen wird. Nicht umsonst beinhaltet »Patchwork« auch den Wortbestandteil
»work«, Arbeit also, die viel Zeit, Mut, Nerven, Toleranz und Geduld
aller Beteiligten erfordert, an sich und der Familie zu arbeiten. Das alles klingt nach
einem langen Kampf. Und ja, das ist es auch allzu häu g – trotz viel guten Willens,
Empathie, Überwindung der wechselseitigen Unsicherheiten und vielem mehr. Fakt
ist aber auch, es gelingt in vielen Fällen: bunte Familien, die ihre neue Situation nach
einigem Hin und Her erfolgreich bewältigt haben, von all dem Neuen pro tieren und
glücklich sind. Ganz nebenbei werden Schlüsselquali kationen eingeübt, die auch
im weiteren Leben von Nutzen sind: Flexibilität, Anpassungs- und Kommunikationsfähigkeit,
Durchsetzungsvermögen und Empathie. Familienforscher haben herausgefunden,
dass Kinder, die in alternativen Lebensformen aufwachsen, sensibler auf
gesellschaftliche Diskriminierungen reagieren und exibler sind, was Rollenau assungen
von Mann und Frau betri t.
Dauerhaft verantwortlich
Patchworkfamilien sind heute Teil einer großen, bunten, selbstbestimmten Familienlandschaft,
bei der die äußere Form für viele Menschen eher weniger
wichtig ist. »Familie« beschreibt das Ideal, dass im Kern zwei Generationen –
erziehende Erwachsene und Kinder – dauerhaft verantwortlich zusammen leben.
Lediglich die Zusammensetzung der Generationen hat sich verändert. Wichtig ist,
dass alle mit der gewählten Familienform zurechtkommen. Das allerdings gilt für
jedes Familienmodell.
Rat, Tipps, Hilfe, Adressen:
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.
www.bke.de/
Bundesministerium für Familie und Jugend
www.familienberatung.gv.at
Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
www.familienhandbuch.de
Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V.
www.vamv.de