Konzerttermin
Samstag, 1. Oktober 2022, 20:00
»Bilder einer Ausstellung«
Siobhan Stagg Sopran
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Tugan Sokhiev Dirigent
Claude Debussy Prélude à l'après-midi d'un faune L 86 für Orchester.
Nach einem Gedicht von Stéphane Mallarmé
Maurice Ravel Shéhérazade – Trois poèmes pour chant et orchestre.
Texte von Tristan Klingsor. Fassung für Gesang und Klavier
Modest Mussorgsky / Maurice Ravel Kartinki s vystavki
(Bilder einer Ausstellung) – Bearbeitung für Orchester
Top-Interpreten spannen am 1. Oktober den Bogen von Mussorgsky
bis zu Ravel und Debussy. Meisterdirigent Tugan Sokhiev ist der Titan
der internationalen Opern- und Konzertbühne. Um keine vom Ukrainekrieg
bestimmte Wahl zwischen französischen und russischen Musikern
treffen zu müssen, gab er seine Chefdirigentenämter am Moskauer
Bolschoi-Theater und beim Orchestre National du Capitole de Toulouse
auf. In Köln dirigiert er das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks,
und mit der australischen Sopranistin Siobhan Stagg ist eine der
stärksten Stimmen unserer Zeit zu Gast in Köln. Die in Melbourne ausgebildete
Künstlerin wird weltweit gefeiert. Sie sang die Blonde (Serail),
die Woglinde (Rheingold) und 2017 die Pamina (Zauberfl öte) im Royal
Opera House, wo sie laut Kritik Höhepunkt der Aufführung war. Christa
Ludwig beschrieb sie als »eine der schönsten Stimmen, die ich je gehört
habe.« Cyrill Stoletzky
Aus der
aktuellen Ausgabe
Tickets unter:
von „Kölner
Philharmonie“
Das Magazin“
koelner-philharmonie.de
Als Modest Mussorgsky im Frühjahr 1874 durch die Gedenkausstellung
seines 39-jährig verstorbenen Freundes Victor Hartmann in St. Petersburg
schlenderte, ahnte er nicht, dass er, der alkoholkranke Staatsdiener
und genialische Dilettant, dessen Oper »Boris Godunov« vom Mariinsky-
Theater nach zwei Zurückweisungen endlich angenommen worden
war, in dieser Schau zu einem Werk inspiriert werden würde, das Musikgeschichte
schreiben sollte. Doch die kleinformatigen Zeichnungen,
Aquarelle und Skizzen des Künstlerfreundes zogen ihn magisch
an. Tage später saß er am Flügel, besessen von der Idee, diesen vom
Ausstellungsrundgang erzählen zu lassen. So entstanden zehn durch
Zwischenspiele (»Promenaden«) lose verbundene Charakterstücke. Ihre
Eigenständigkeit, stilistische Perfektion, harmonische Kühnheit und ihr
Farbreichtum verleihen ihnen visionäre Kraft. Mussorgsky malte mit Tönen,
Harmonien, Läufen, Rhythmen – vom spukhaften Gestolpere des
»Gnomus«, von der mittelalterlichen Melodik des »alten Schlosses« und
der humoresken Flinkheit der »Küchlein in Eierschalen« über die Mystik
der Katakomben und die Perkussivität der »Baba Yaga« bis zur majestätischen
Schlussapotheose des großen Tors von Kiew. Ein halbes
Jahrhundert sollte es dauern, bis dieser Meisterzyklus 1922 die Konzertpodien
eroberte. »Geburtshilfe« leistete Ravel, einer der Pioniere der Moderne.
Er übertrug die Expressivität des Klavierzyklus auf das Orchester,
steigerte dynamische Intensität und klangmalerische Ausdrucksstärke
des Werks – gut zu hören beim »Gnomus«, beim »Ochsenkarren«, bei
der perkussiven Wucht der »Baba Yaga« und der Sakralität des »Tors
von Kiew«. Die »Bilder« wurden berühmt – in der Orchesterfassung
und im Klavieroriginal. Gut möglich, dass sich Ravel schon früh von
Mussorgsky inspirieren ließ. Auch seiner »Shéhérazade« (1898) liegen
Bilder zugrunde – jene, die durch Lektüre des Buchs von 1001 Nacht in
seiner Imagination entstanden waren und sich mischten mit »der Faszination,
die der Orient seit meiner Kindheit auf mich ausübt.« Eine von
sinfonischen Tableaus getragene Sopranistin als Geschichtenerzählerin
beschwört in drei Poèmes nach Gedichten von Tristan Klingsor die Magie
des Orients herauf. Eine rauschhafte, laut Klingsor »unwirkliche« Musik.
Auch Claude Debussy, mit Ravel der zweite »Entdecker« seiner Zeit,
bereist neue Welten. Sein »Prélude à l'après-midi d'un faune« ist eher
Sinfonische Dichtung als Vorspiel. Inspiriert von Stéphane Mallarmés
Gedicht, überträgt es die Melancholie des Fauns, der sich in der Einsamkeit
des Waldes der Anmut der Nymphen erinnert und im Traum
versinkt, in ein Tongemälde von hypnotischer Wirkung: Auf neun Achteln
schwebt das Stück aus dem Nichts herbei. Der Faun (Pan), Fabelwesen
aus Jüngling und Ziegenbock, intoniert eine Flötenmelodie. Es
folgt ein surrealer Strom zerfl ießender, auf fragiler Harmonik gebetteter
Melodien. Die alten Formen transzendieren zum reinen Stimmungsbild,
das einer Verdichtung zustrebt und wieder im Nichts versinkt. Die Uraufführung
am 22.12. 1894 in Paris unter Gustave Doret ist ein Triumph.
Auch Mallarmé ist fasziniert von »Sehnsucht, Licht und Feinheit« des
Werks. »Seit der Flöte des Fauns«, schrieb Pierre Boulez, »atmet die europäische
Musik anders.«
Tugan Sokhiev
NR. 4
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